Jacques van
Oortsmerssen mit Bachprogramm
Atemlos statt schwungvoll
KEMPEN (RP). Orgelkonzerte mit reinen Bachprogrammen sind im
Bachjahr 2000 ein Muss. Der niederländische Organist Jacques van
Oortsmerssen folgte dieser Verpflichtung und präsentierte in Kempens
Paterskirche einen respektablen Bachquerschnitt. Keine Ansammlung
von Highlights, sondern eine niveauvolle Auswahl, bei der auch das
eher selten zu hörende Praeludium und Fuge in e-moll BWV 548 und die
wunderschöne Partita "Sei gegrüßet Jesu gütig" BWV 768 ihren Platz
fanden.
Sturm und Drang
"Wenn`s auf der Orgel besonders festlich klingen soll, nehme man
die Tonart D-Dur und ziehe möglichst viele Zungenstimmen!" So etwa
ließe sich ein ungeschriebener, aber fundamentaler Grundsatz in
Worte fassen. Auf Bachs Praeludium und Fuge in D-Dur BWV 532 trifft
dieser Grundsatz zu. Von jugendlichem Sturm und Drang
gekennzeichnet, überträgt sich die dem Werk immanente Begeisterung
rasch auf den Hörer, wenn der Interpret verantwortungsvoll mit dem
rasanten Schwung des Stückes umzugehen weiß.
Van Oortsmerssen zeigte bei diesem Werk leider kein Gefühl. Mit
schreienden Zungenstimmen und ohne Atem spielte er das Werk
herunter, so dass die Musik zu einem Angriff geriet, dem der Zuhörer
ungeschützt ausgesetzt war.
Zum Glück fand der Interpret beim folgenden Concerto G-Dur BWV
592 Mäßigung. Hier gelang die Darstellung des fast
kammer-musikalischen Werkes in Tempo und Registrierung gut. Die
klanglichen Qualitäten der Königorgel erfuhren bei der elfsätzigen
Partita "Sei gegrüßet Jesu gütig" eine besondere Würdigung, wobei
das ausladende Werk selbst an vielen Stellen noch mehr Liebe zum
musikalischen Detail vertragen hätte.
Meditative Ruhe
Zart aufkeimende weihnachtliche Gefühle ließen sich bei der
reizenden Pastorale in F-Dur selbst an einem lauen Sommerabend nicht
ganz unterdrücken. Zu meditativer Ruhe gelangten Interpret und
Zuhörer vor allem im Titelteil des Werkes.
Es ist schade, wenn man Bachs Praeludium und Fuge in e-moll BWV
548 nur hört. Es ist ein Alterswerk des Meisters aus Leipziger Zeit,
es ist `Augenmusik`, die intensiv gelesen werden muss, will man in
Ansätzen verstehen und nachvollziehen, was Bach hier an Genialität
zu Papier gebracht hat. Wie bereits zu Beginn des Konzerts ging all
das unter, was der Interpret dem Hörer an Hilfen hätte anbieten
können und müssen.
Das konsequente Herausarbeiten thematischer Strukturen, zu dem
ein Interpret verpflichtet ist, suchte man unter den sich
überlagernden Zungenstimmen vergeblich. Mit dieser Art der
Darstellung tat der Interpret weder sich noch dem Instrument und
ganz sicher auch dem kritischen Zuhörer keinen Gefallen.
Von ALFONS MUSOLF |